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Manic Street Preachers: Critical Thinking (Review)
Artist: | Manic Street Preachers |
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Album: | Critical Thinking |
|
Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Brit-Rock, Polit-Pop, Stadionrock, Punkrock, Glam-Pop |
|
Label: | Columbia/Sony | |
Spieldauer: | 41:48 | |
Erschienen: | 14.02.2025 | |
Website: | [Link] |
Was die MANIC STREET PREACHERS im Titelsong ihres neuen Albums fordern - es klingt wie ein flehender Aufruf an Millionen US-Amerikaner, die derzeit ungläubig und in Agonie auf die Trump-Abrissbirne starren, die ihre Demokratie in Nullkommanix in Trümmer legt. Und mag "Critical Thinking" auch mit Manics-typischem kämpferischem Pathos etwas breitbeinig daherkommen, so macht diese wuchtige Pose die guten Absichten dahinter doch kein bisschen schlechter.
Konkret liest sich das (übersetzt) dann so:
Es ist okay, nicht okay zu sein,
lebe dein bestes Leben,
sei freundlich, hab etwas Einfühlungsvermögen,
sag den Mächtigen die Wahrheit,
es ist deine gelebte Erfahrung,
sei dein authentisches Ich, sei fitter, sei glücklicher,
sprich deine Wahrheit,
wenn ich hier eintrete,
fühle ich, wir treffen uns.
Oder vielleicht auch nicht,
vielleicht rasen wir die Lawine hinunter,
in die Sackgasse eines unbeschreiblichen Nirgendwo-Landes...
Was ist mit deinem kritischen Denken passiert?
Was ist mit eurem kritischen Denken passiert?
Was ist mit eurem kritischen Denken passiert?
Was ist mit deinem kritischen Denken passiert?
Später geht's dann auch noch um die "Wolkenkratzer der Unwahrheit", die "maßgeschneiderten Feeds", die "verdammten intelligenten Autobahnen" und das Imposter-Syndrom (wenn sich Menschen trotz Erfolgs stets unzulänglich fühlen). Mithin um Zeitphänomene, die nicht nur den MANIC STREET PREACHERS Angst machen.
Puh! Man atmet erstmal kräftig durch, wenn das erste Stück des Albums mit den Worten "fuck that!" fluchend zu Ende geht. Die Manics sind also weiterhin wütend über das Schlechte und Böse in dieser Welt, das für James Dean Bradfield (Gitarre, Gesang), Nicky Wire (Bass, Gesang) und Sean Moore (Schlagzeug) ganz klar von Rechts kommt, von den notorischen Lügnern, Tech-Faschisten und Ausbeutern (an wen denkt man da wohl sofort...).
Ja, wann war eine explizit politische, gesellschaftskritische Band je notweniger als in diesen Tagen des weltweit wuchernden Populismus, die viele schon an ganz dunkle Zeiten des vergangenen Jahrhunderts erinnern? Als die MANIC STREET PREACHERS Ende der 90er einer sich im ewigen Frieden wähnenden Welt ihr "If You Tolerate This Your Children Will Be Next" entgegenbrüllten und auch sonst aus ihrer linksdemokratischen Gesinnung keinen Hehl machten, fand man das zwar mitreißend (musikalisch) und auch irgendwie sympathisch (die Texte), aber vielleicht doch ein bisschen zu alarmistisch. Jetzt sieht die Sache anders aus - und die Manics sind immer noch da und legen den Finger in eine mittlerweile so richtig fies schwärende Prä-Faschismus-Wunde.
Die Waliser, seit dem bis heute mysteriösen Verschwinden ihres Gitarristen und Songwriters Richey James Edwards vor 30 Jahren ein Trio, erweisen sich immer noch als Idealisten, die ihr eigenes "Critical Thinking" in hymnische, himmelhoch strebende, von Punk und Glam-Pop beeinflusste Brit-Rock-Melodien kleiden. Auf sehr zugängliche Weise schaffen es die MANIC STREET PREACHERS auch diesmal wieder, ihrer Empörung und ihrem Zorn über unsere triste Gegenwart Luft zu verschaffen - und dabei (hoffentlich) wieder viele Menschen zum Nachdenken anzuregen.
Die 15. Platte der verrückten Straßenprediger hat also jede Menge Potenzial, die Massen zu Stadion-Rock mitsingend auf die Straße zu bringen. Dass Bradfield, Wire und Moore nicht immer den subtilsten Weg zum Ziel wählen, sondern manchmal auch mit vielleicht allzu simplen Harmonien durchkommen wollen (etwa in der Vorab-Single "Decline & Fall") - geschenkt. "Critical Thinking" ist vom Songwriting her insgesamt dennoch deutlich besser als der aufdringlich mit ABBA-Bezügen flirtende Vorgänger "The Ultra Vivid Lament", der den Manics vor vier Jahren im UK allerdings immerhin ihre erste Nummer-1-Platzierung seit 1998 einbrachte (während es diesmal bisher nur für Rang 2 reichte).
Songs wie der von Wire gesungene/gesprochene Titeltrack und Opener, das wuchtige "Brushstrokes Of Reunion", die euphorischen Britpop-Songs "People Ruin Paintings" und "Being Baptised", das berührende "Dear Stephen" (ein flammender Appell an The-Smiths-Ikone Morrissey, von seinem Rechtsaußen-Irrweg zu den Guten zurückzukehren) - sie gehören zum Besten, was diese verdiente Band in den vergangenen zwei Dekaden abgeliefert hat. Dass die tollste Manics-Platte in diesem Zeitraum aber de facto das grandiose Bradfield-Solo-Konzeptalbum "Even In Exile" von 2020 war, gehört zur Wahrheit freilich auch dazu.
FAZIT: Ob nun jeder einzelne Track des neuen Manics-Albums "Critical Thinking" ein kompositorischer, songschreiberischer Volltreffer ist, rückt angesichts der guten, progressiven Absicht in den Hintergrund. Denn was man den den drei Musikern aus Wales nie absprechen kann: Sie sind mit großem Herzen und voller Empathie bei der Sache. Als Soundtrack für linke Pro-Demokratie-Demos ist auch diese Platte wieder bestens geeignet. Mission accomplished, MANIC STREET PREACHERS!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Critical Thinking
- Decline & Fall
- Brushstrokes Of Reunion
- Hiding In Plain Sight
- People Ruin Paintings
- Dear Stephen
- Being Baptised
- My Brave Friend
- Out Of Time Revival
- Deleted Scenes
- Late Day Peaks
- Onemanmilitia
- Bass - Nicky Wire
- Gesang - James Dean Bradfield, Nicky Wire, Wayne Murray, Lana McDonagh
- Gitarre - James Dean Bradfield, Nicky Wire, Wayne Murray
- Keys - James Dean Bradfield, Nicky Wire, Nick Nasmyth, Gavin Fitzjohn
- Schlagzeug - Sean Moore
- Sonstige - Bernard Kane (Streicher-Arrangements)
- The Ultra Vivid Lament (2021) - 11/15 Punkten
- Know Your Enemy (2022)
- Critical Thinking (2025) - 12/15 Punkten
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